„Bilder beunruhigen…“ von Anna Knüpfing

„Bilder beunruhigen im positiven Sinn“

         Sylvia Seelmann in ihrem Atelier                                                                                                                     Foto: Anna Knüpfing

Frohnau
 – Noch einen Schritt weiter – und der Betrachter fühlt sich als Teil der expressiven Landschaftsmalerei von Sylvia Seelmann – er betritt eine metaphysische Dimension. „Meine Bilder sind Orte subtiler Versenkung“, erklärt die Malerin. Und tatsächlich fühlt sich der Betrachter, als ob er in der intensivfarbigen, häufig leuchtenden, Landschaft versinke. Inspiriert von einer Pilgerwanderung auf dem Franziskusweg von Florenz nach Assisi malt Seelmann lichtdurchlässige Landschaften, die im Spannungsverhältnis zwischen Zwei- und Dreidimensionalität stehen. Wege führen in die Tiefe, gestürzte Baumstämme kreuzen den Bildraum. In den spannungsreichen Bildkompositionen sind gefällte oder geborstene Baumstämme, entwurzelte Bäume und Schatten ins Zentrum gerückt und bilden einen Einschnitt in die scheinbare Idylle des Ortes.

Die oft intensivfarbigen Untermalungen, die auch in fertigen Bildern sichtbar bleiben, stehen am Anfang des Malprozesses. Darauf folgt das sukzessive Übermalen der leuchtenden Fläche. Die daraus resultierende leuchtende Durchlässigkeit der Bildstruktur, sowie die impulsive Pinselführung erzeugen Energiefelder, die auf den Betrachter überzugehen scheinen. „Ich nutze die Farbe in ihrer äußersten Leuchtkraft und in ihrer tiefsten Dunkelheit, um Licht sichtbar zu machen und Kraftfelder zu erzeugen“, beschreibt die Künstlerin ihren Malprozess. Das intensive Licht, das von ihren Bildern ausgeht und der Wechsel zwischen den Perspektiven schaffen starke Impulse, die auf den Betrachter übertragen werden. „Meine Bilder sind wie Batterien, die von mir im Malprozess aufgeladen werden“, ergänzt Seelmann.

Sylvia Seelmann, geboren in Wanne-Eickel, lebt und arbeitet als freischaffende Malerin in Reinickendorf. Nach ihrem Kunststudium an der Folkwang Universität der Künste in Essen, bei Prof. Laszlo Lakner, zog es sie zunächst ins Rheinland, und 2013 verschlug es sie nach Berlin, wo sie seitdem ihr Atelier auf dem Künstlerhof Frohnau hat. Ihr Atelier in der Künstlersiedlung bezeichnet die Künstlerin als „Klosterzelle, in die ich mich mit meiner Kunst zurückziehen kann“. Im Frühling 2018 kann man ihre Kunstwerke auch in einem Kloster sehen: vom 24. März bis 27. Mai 2018 findet ihre Einzelausstellung „Lichtungen“ in der Galerie des Klosters Chorin statt.
Anna Knüpfing,  RAZ 14.September 2017